Liebe Läuferinnen und Läufer,
seit dem 13. März ist der Lauftreff nun schon ausgesetzt. Laufen ohne treffen. Daran mussten wir uns alle erstmal gewöhnen. Manche haben es geschafft, weiterhin zu den gewohnten, zumindest aber festen Trainingszeiten zu laufen, andere mussten sich einen neuen Rhythmus erst aufbauen. Es gibt Schlimmeres, aber es fehlt soviel!
Nun werden die Beschränkungen erstmals gelockert – ist das die Rückkehr in eine (neue) Normalität? Wir wissen es nicht, Unsicherheit wird uns noch länger begleiten. In dieser Woche wollen die Regierungen in Bund und Land nun über Lockerungen auch für den Sport beraten – wir sind gespannt und bleiben zuversichtlich.
In diesem Newsletter berichten wir über den „Virtuellen Jubiläumslauf“ zu Ehren des Ginnheimer Lauftreffs, den es nun seit 30 Jahren gibt. Idee und Umsetzung stammen von Torsten, dem wir dafür danken! Volker ist glücklich über den Wiederanfang und Gabi hat einen schönen Bericht über ihren persönlichen Corona-Koller beigesteuert …
Auch weiterhin freuen wir uns über Beiträge aller Art – Ihr könnt sie formlos an info@ginnheimer-lauftreff.de schicken.
Beste Grüße
Peter
Virtueller Jubiläumslauf
Aus Anlass des 30-jährigen Jubiläums unseres Lauftreffs hatten wir aufgerufen, eigene Läufe in der Geburtstagswoche zu melden. Zusammengekommen sind 55 Läufe mit insgesamt mehr als 540 km – herzlichen Dank an die 21 Lauftreffler!
Teilnehmer
Läufe
Kilometer
Über zwei Meldungen haben wir uns besonders gefreut: Alex aus Rostock ist am Strand und im Küstenwald der Ostsee gelaufen und hat zwei schöne Fotos geschickt. Und Helga ist in dieser Woche alleine 76,5 km gelaufen – ganz großartig!
„Wiederanfang – weitermachen“ sagt Volker
Der Reigen der schönen Tage motivierte mich nach langer Zeit, den sportlichen Schlendrian zu durchbrechen, wozu mir ein paar Worte zu sagen nötig scheint. Es ist nicht die Pandemie, sondern die Überlegung, dass meine 80 Jahre mich an sportliche Grenzen in vieler Hinsicht gebracht haben, wo ich im wahrsten Sinne kürzer treten sollte. Das tat ich jetzt auch eine Weile, und mir kam Corona ganz recht. Der Grüneburgpark, in meiner Nähe gelegen, lud ein zu Spaziergängen, wo ich auch hin und wieder mal ein Läufchen einbauen konnte, und das auch allein, vermutlich nicht das Falscheste.
Es passierte aber am Ende eines dieser Läufchen am 7. Februar, einem Freitag, wenn auch keinem 13., dass ich auf der Brücke, die den Park vom übrigen Gelände trennt, mein Gleichgewicht verlor, stolperte und vornüber fiel, mich zwar abfing, aber an der Stirn blutete. „Da war Opa wohl ein bisschen zu schnell“, meinte eine Fußgängerin, die freundlich folgte und versuchte, mir zu helfen und die Rettungswache anzurufen, die aber dann nicht kam. Meine Frau fuhr mich später ins Krankenhaus, damit die Platzwunde genäht wurde. Man drängte mich, mindestens eine Weile mit dem Sport aufzuhören, lieber zu walken. Das sah ich ein. Ein paar Mal walkte ich auch in unserer Walkergruppe mit, aber sollte es das nun gewesen sein – der Laufsport ersetzt durch Spazieren und Gänseblümchenpflücken im Park?
In der vorigen Woche stahl ich mich von zu Hause zum Treffpunkt des Ginnheimer LT, prüfte die Beine, alleine zwar und auf kurzer Strecke. Und am Sonntag, 26. April, war auch Friedhelm da, danke, Friedhelm, wenn auch das Treffen ein Zufall war. Der Bann ist gebrochen.
Inzwischen ist eine Woche vergangen, seit ich das Euch, liebe Lauftreffler und -innen zum Besten gebe (2. Mai). Zur Zeit bin ich der glücklichste Läufer des Ginnheimer LT. Das zum 30. seines Bestehens! Ich höre gerade einen Sektkorken knallen!
„Schlimmer geht immer. Gibt’s noch anderes?“ fragt Gabi
Nun hat es mich letzten Sonntag also doch erwischt, die Sache mit Corona. Nein, ich bin nicht infiziert – Gott sei Dank – ich hatte den Koller, also den Corona-Koller. Ich hatte zu überhaupt nichts Lust, war absolut antriebslos, Bock auf Nichts und dazu das heulende Elend. Meine Güte, dachte ich mir dann irgendwann, das kann es doch nicht sein! Ich bin nicht krank, mein Arbeitsplatz ist nicht gefährdet, ich hab ein Dach über dem Kopf, der Kühlschrank ist gefüllt und das Internet funktioniert. Und ich kann unterwegs sein – spazieren gehen, Fahrrad fahren und auch Laufen, alleine oder auch mal zu zweit.
Was ist es also? Beim darüber Nachdenken kommt mir so manches in den Sinn. Das social distancing hört sich so nett an, ist aber auch eine echte Herausforderung. Abstand halten beim Einkaufen oder auch mit der Familie, mit Freundinnen und Freunden, das haben wir nun eingeübt, aber gewöhnen kann ich mich nicht daran, trotz WhatsApp, Zoom, Telefonkonferenzen u.a. Was mir fehlt ist der direkte Kontakt, sich einfach begegnen zu können, Beziehungen hautnah zu spüren, meine Enkeltochter zu knuddeln, meine Mutter im Pflegeheim zu besuchen, der direkte Austausch mit den Kolleginnen und den Kollegen, die Möglichkeit, sich jetzt bei den frühlingshaften Temperaturen im Gartencafé oder im Biergarten zu treffen, der Museumsbesuch, meine wöchentlichen Chorproben und natürlich die regelmäßigen Läufe mit dem Ginnheimer LT – sicher könnte jede und jeder diese Aufzählung um ein Vielfaches ergänzen.
Der Mensch ist ein Beziehungswesen, das wird mir in diesen Tagen mehr und mehr deutlicher. Für mich ist die Beziehung zu den Menschen, der Natur und was es darüber hinaus noch gibt, wichtig und relevant. Es mag ein Zufall sein, ich nenne es besser Fügung – , dass mich ausgerechnet heute eine Mail erreicht und mich an das Leben und Wirken des Theologen und Dichter Paul Gerhardt erinnert. Ja, es geht noch schlimmer, so ist diese Mail überschrieben. Paul Gerhardt lebte in der Zeit, als der Dreißigjährige Krieg in einer Intensität über das damalige Deutschland wütete, wie wir uns es heute kaum vorstellen können. Ohne Aussicht auf „Erleichterung“ oder „Lockerung“ in diesen verheerenden Umständen und den persönlichen Schicksalsschlägen sind seine Lieder dennoch voller Hoffnung und Kraft. „Geh´ aus mein Herz und suche Freud“ ist eins meiner Lieblingslieder von Paul Gerhardt.
„Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben;
schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben, sich ausgeschmücket haben.Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit einem grünen Kleide;
Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide, als Salomonis Seide.“
Gerne singe ich dieses wohlbekannte Lied in Gemeinschaft, trage es auch auf den Lippen, wenn ich alleine unterwegs bin.
Ja, es gibt mehr als Corona, auch wenn Corona allgegenwärtig erscheint, das zeigt mir jetzt diese Erfahrung. Ich darf auch mal jammern, wenn‘ s auch auf einem hohen Niveau erscheint, aber ich möchte auch das sehen und wahrnehmen, was dennoch ist und tun, was mir möglich ist. Ich hoffe, dass wir alle auch unsere Chancen in dieser sonderbaren Zeit erkennen und das Positive nachwirkt. Ich hoffe und freu mich auf die Zeit der „neuen Normalität“, wie immer sie auch aussehen möge.